Die Fußball-Ikone Edson Arantes do Nascimento, besser bekannt unter seinem Spitznamen Pelé, ist im Alter von 82 Jahren in seiner Heimat an Krebs gestorben - das bestätigte seine Familie.
Pelé selbst musste sich Ende 2020 zu dem Tod einer seiner Freunde äußern. Nach dem Ableben Maradonas schrieb er: „Mein großer Freund, ich danke dir sehr für unsere ganze gemeinsame Reise. Eines Tages werden wir im Himmel in einer Mannschaft spielen“.
Aus Witz wird Weltmarke
Pelés Weg aus der Provinz in den Fußball-Olymp ist nicht vorgezeichnet. Der kleine Edson wird zwischen den Metropolen Rio de Janeiro und Sao Paulo im Örtchen Três Corações geboren, wächst später in Bauru im Bundesstaat Sao Paulo in Armut auf. Als Nachwuchsspieler muss Pelé improvisieren. Festes Schuhwerk und Bälle sind Mangelware. So geht es oft barfuß und mit ausgestopften Socken als Spielgerät raus zum Kicken. Geschadet hat es Pelé offenbar nicht. In jener Zeit erlangt der Hochbegabte auch seinen Spitznamen. Er selbst erzählt einmal, dass er den Namen des brasilianischen Torwarts Bilé falsch aussprach, damit ziehen ihn dann die Klassenkameraden auf. Was damals keiner ahnt: Aus dem Witz wird später eine Weltmarke.
Pelés Vater Dondinho, dem eine Verletzung die Profifußballkarriere zunichte macht, arbeitet hart für die Familie. Geld ist trotzdem knapp. So putzt Pelé als Knirps in Bauru Schuhe, um der Familie zu helfen. In jeder freien Minute aber kickt er mit Freunden, erst auf der Straße, dann organisiert im Jugendteam seine Vaters BAC (Bauru Atlético Clube).
„Michelangelo hat gemalt, Beethoven Klavier gespielt – und ich Fußball“
Mit gerade einmal 15 Jahren wird der FC Santos auf Pelé aufmerksam und stattet ihn zunächst mit einem Amateurvertrag aus. Santos und Pelé: Es sollte eine Liebe werden, die fast zwei Jahrzehnte hält. Schon in seiner ersten vollen Saison schießt er sich zur Torjägerkrone und holt ein Jahr später den ersten Meistertitel in die Hafenstadt bei Sao Paulo.
Ende der 50er und in den 60ern ist die Formel Santos plus Pelé ein einziger Erfolg. Der Stürmer macht Santos zum Spitzenclub, das Team wird zu „Super Santos,“ holt mehrere nationale und internationale Titel wie die Copa Libertadores sowie zwei Mal den Weltpokal (1962, 1963). Pelé und Santos zeigen Benfica und dem AC Milan, dass südamerikanische Teams mit Europas Besten mithalten können – auch wenn Pelé nie selbst in Europa spielt.
Dabei sind es nicht nur die Titel, die Pelé definieren. Es gibt im Prinzip nichts, was der Brasilianer nicht kann – genau das macht die Nummer 10 aus. Er ist schnell, flink auf den Beinen, aber auch im Kopf, beidfüßig und ein wahrer Dribbelkünstler. Und trotz seiner 1,73 Meter ein gefährlicher Kopfball-Akrobat. Pelé ist sowas von polyvalent, weit bevor dieses Wort als Fußball-Adjektiv erfunden wurde. Oder einfacher gesagt: ein wahrer Alleskönner. Er beschreibt es so: „Michelangelo hat gemalt, Beethoven Klavier gespielt – und ich Fußball.“
König meets Kaiser: Comeback an Beckenbauers Seite
Einen großen Teil der Bewunderung macht auch seine Nationalmannschaftskarriere aus. Der Stürmer ist nicht nur der jüngste Torschütze und Rekordtorschütze der Selecao, er gewinnt als einziger Spieler überhaupt drei WM-Titel. 1958 (siehe oben) ballert sich Pelé mit sechs Toren auf die Weltbühne, 1962 wirkt er wegen einer Verletzung nur in zwei Spielen mit, ist aber Teil der Siegermannschaft. Bei der Weltmeisterschaft vier Jahre später in England ist Pelé das Ziel vieler harter Zweikämpfe und Grätschen. Humpelnd verlässt er das Turnier und verkündet angesäuert seinen Rücktritt von WM-Turnieren. Nur um vier weitere Jahre später mit einem umjubelten Comeback zum dritten Mal den Goldpokal emporzuheben. Franz Beckenbauer bezeichnet das brasilianische Team von 1970 später als beste Selecao-Auswahl, die er je gesehen habe. Anschließend ist dann wirklich Schluss – zumindest im Nationalmannschaftstrikot.
Bis 1974 kickt Pelé weiter für seinen Club, den FC Santos. Dem hält er die ganzen Erfolgsjahre die Treue, auch wenn es aus der ganzen Welt Angebote gibt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die brasilianische Regierung interveniert und einen Abgang untersagt. Gut möglich, dass Pelé ohne diesen Eingriff in Europa aufgelaufen wäre. 2021 griff eine Netflix-Doku seine Nähe zur brasilianischen Militärdiktatur auf, die per Putsch an die Macht kam.
Finanzielle Engpässe zwingen den Profi aus der Rente zum Comeback. Windige Berater haben seine Ersparnisse verzockt, Pelé ist pleite. Also die ganz große Nummer. Pelé goes USA. In der amerikanischen Liga geht er unter anderem mit „Kaiser“ Beckenbauer bei New York Cosmos auf Torejagd, wird im dritten Frühling nochmal Botschafter für seinen Sport, und holt nebenbei den Meistertitel – wieder mal.