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"Vieles geht verloren"

Online seit: 03.04.2021

Corona-Pandemie hat Auswirkungen auf Trauer und Bestattungen – Viel Bürokratie und fehlende Nähe zu Trauernden

Von Helmut Weirather

VINSCHGAU. Was macht Corona mit der Bestattungstradition?
Nichts Gutes, wie zu befürchten ist. Die „Dolomiten“ haben bei jenen nachfragt, die täglich damit zu tun haben: Bei Bestattern.

Wenn Menschenansammlungen über Monate verboten oder stark beeinträchtigt sind also auch Gottesdienste und Beerdigungen – hat das Auswirkungen. Das wird von vielen im Land vielleicht nicht wahrgenommen, aber diese Veränderungen könnten tiefgreifend sein.
Die „Dolomiten“ hatten bereits im Vorjahr über das Thema geschrieben, damals im Gespräch mit der Caritas-Hospizbewegung Vinschgau (siehe den Bericht vom 24. April 2020 in der digitalen Ausgabe). Die damals getroffenen Aussagen werden auch von Bestattern bestätigt, die tagtäglich mit Tod, Trauer und Beerdigungstraditionen zu tun haben.
Jürgen und Joachim Tonezzer sind im gleichnamigen Beerdigungsinstitut in Schlanders tätig. Sie sagen, dass mit Corona auch große Einschränkungen bei den Beerdigungen einhergegangen seien. So würden sich Beerdigungen verschieben, da viele Familienangehörige in Quarantäne seien und daher nicht zum Begräbnis könnten. Überhaupt sei die Trauersituation mittlerweile eine andere geworden. Viele Menschen hätten sich nicht mehr getraut, zu einer Beerdigung zu gehen, weil sie Angst vor Infektionen hatten. „Die Teilnehmerzahl bei Beerdigungen ist sicher um mehr als die Hälfte zurückgegangen“, sagen Jürgen Tonezzer (im Bild) und sein Bruder Joachim. Auch der Trauerzug durch die Dörfer oder die öffentliche Verabschiedung von Verstorbenen sei nicht mehr so, wie man es gewohnt sei. „Von der traditionellen Bestattungskultur geht wohl vieles verloren“, bedauern die beiden Bestatter. Dies hänge auch damit zusammen, dass Leichname vor der Beerdigung eingeäschert würden.
Die Regelung rund um Corona habe vieles sehr viel schwieriger gemacht – und alles sei nicht unbedingt logisch nachvollziehbar. Wer an oder mit Corona verstirbt, müsse entweder eingeäschert oder aus Hygienegründen im Zinksarg begraben werden. Das könnte z. B. durchaus hinterfragt werden, sagen die beiden Tonezzer-Brüder und ergänzen, dass man gemeinsam mit anderen Bestattern zwar zu diversen Aspekten nachgehakt habe bei den zuständigen Stellen, die Antworten aber nicht befriedigend waren. Das hänge aber wohl auch mit den staatlichen Regelungen zusammen.
Ein sehr großes Problem habe sich in den vergangenen Monaten beim Umgang mit Trauernden gezeigt. „Uns fehlt die Nähe zu ihnen“, sagt Jürgen Tonezzer. Seit Jahrzehnten sei man es gewohnt, einem Angehörigen die Hand zu schütteln oder ihn zu umarmen. In Zeiten von Corona sei dies verboten, viele hätten Angst davor. „Das fehlt aber sehr“, sagt Tonezzer und meint damit den Umstand, dass viel an Trost und Zuspruch für die Trauernden verloren gegangen sind. „Dieses Unpersönliche ist schon schlimm“.
Was den Umgang mit den an oder mit Corona Verstorbenen betrifft, habe man keine vermehrte Angst davor. Als Bestatter sei man es gewohnt, mit Körperflüssigkeiten umzugehen und sich zu schützen, sagen Joachim und Jürgen Tonezzer. Was noch zu klären wäre, sei die Frage, ob die Bestatter systemrelevant sind oder nicht. Oder ob man vielleicht auch irgendwann geimpft werde. Hier gebe es noch zu tun, sagen die beiden Schlanderser.
Was die Zahl der Covid-Toten betrifft, können sie nicht mit Sicherheit von einer erhöhten Anzahl für 2020 sprechen – über das Jahr gerechnet zumindest. Im Herbst habe es schon viele Tote gegeben in den Heimen und im Spital. Aber im Spital seien z. B. auch Personen von außerhalb des Vinschgau gestorben. Zudem gebe es im Herbst generell mehr Tote, geben sie zu bedenken. Nach den vielen Monaten haben sich die Schlanderser Bestatter nun an die Auflagen, die Bürokratie und die fehlende Nähe zu den Angehörigen gewöhnt – aber zu Pandemiebeginn sei die Lage „schon schwer“ gewesen.

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